Auf der 400-Meter-Strecke gibt es kein Pardon, denn der Wettbewerb ist ein einziger Kampf um Sauerstoff. Wer auf dieser Distanz erfolgreich sein möchte, muss schnell sein und über jede Menge Stehvermögen verfügen. Diese beiden Eigenschaften bringt Bastian Sundermann (LG Brillux Münster) mit, der am 26. Februar bei den deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften in Dortmund nach einem spannenden Finish in 48,23 Sekunden vor Owe Fischer-Breiholz (Schweriner SC, 48,34 Sek.) und Maximilian Köhler (LG Region Karlsruhe, 48,47 Sek.) zu Gold stürmte.
Der Schützling von Jan Vogt, der sich in der Schlussrunde noch an zwei Konkurrenten vorbeischob, blieb bei seinem 400-Meter-Triumpf nur fünf Hundertstelsekunden über seiner persönlichen Bestzeit von 48,18 Sekunden, die er am 28. Januar als Sieger bei den westfälischen Hallenmeisterschaften in Dortmund aufstellte.
Der DM-Titel von Dortmund war der bisher größte Erfolg des Münsteraners. Insgeheim hatte der kraftvoll laufende Viertelmeiler mit einer Medaille geliebäugelt, nicht jedoch mit Gold, denn in der Meldeliste lagen mehrere aussichtsreiche Mitbewerber ganz dicht beieinander. „Da auf der 400-Meter-Distanz in der Halle viel passieren kann, war mir klar, dass nur derjenige gewinnt, der über beste Tagesform verfügt und der das größte Durchsetzungsvermögen hat. Und ich war der Glückliche,“ strahlte der neue deutsche Jugend-Hallenmeister. Hellauf begeistert zeigte sich in Dortmund auch sein Trainer Jan Vogt: „Basti hat ein überragendes Rennen abgeliefert. Genau an der Stelle, wo auf den 400 Metern das Delirium einsetzt, hat er mit seiner extremen Willensleistung die letzten Reserven mobilisiert.“
Teilnahme an der U20-EM ist das große Ziel
Bastian Sundermann, der während der Hallensaison 2022/23 bei den NRW-Hallenmeisterschaften in Düsseldorf in der Klasse U 20 auch noch den 200-Meter-Titel in starken 21,97 Sekunden gewann, hat sich in diesem Jahr noch viel vorgenommen. So möchte er sich für die U20-Europameisterschaften vom 7. bis 10. August in Jerusalem qualifizieren – für die 4×400-Meter-Staffel und auch für den Einzelwettbewerb, für den er allerdings im Vorfeld die Qualifikationszeit von 47,35 Sekunden unterbieten muss. „Für diese Einzel-Quali werde ich mich noch deutlich steigern müssen, aber sie ist für mich machbar,“ zeigt sich der 1,89-Meter große und 80-Kilogramm Langsprinter optimistisch. Zum Vergleich: Seine 400-Meter-Bestzeit im Freien liegt bei 48,03 Seunden, in der Halle bei 48,18 Sekunden.
Seine glanzvollen Auftritte in der Hallensaison zeigen, dass der 19-jährige Münsteraner über 400 Meter noch viel Luft nach oben hat. Allerdings muss er für weitere Steigerungen zusammen mit seinem Trainer Jan Vogt noch an einigen Stellschrauben drehen.
Bastian Sundermann, der fast täglich trainiert, zählt einige Punkte auf, die er noch verbessern kann: „Ich muss noch ökonomischer laufen, meine Bodenkontakt-Zeiten verkürzen, meine Kraftwerte steigern und meine Stabilisation optimieren.“ Darüber hinaus sollen physiotherapeutische Maßnahmen sein Training unterstützen. Bastian Sundermann wurde nämlich in den letzten Jahren durch Verletzungen immer wieder zurückgeworfen. Am schlimmsten erwischte es ihn, als er vor zwei Jahren durch einen Sprunggelenksbruch ausgebremst wurde. Er ist vor allem seinem Physiotherapeuten Benne Wentrup vom Zentrum für Sportmedizin in Münster dankbar, der ihm in schwierigen Phasen immer wieder auf die Beine half.
Über den Fußball hin zur Leichtathletik
Wegen des erhöhten Verletzungsrisikos verabschiedete sich Bastian Sundermann inzwischen vom Fußball, der neben der Leichtathletik seine zweite große Leidenschaft bildete. Zwölf Jahre jagte er immer wieder mit zeitlichen Unterbrechungen bei Grün-Weiß Marathon Münster dem runden Leder hinterher. Wegen seiner großen Schnelligkeit spielte er meist auf den Flügeln oder auch in der Abwehr.
Zur Leichtathletik kam er im Alter von sieben Jahren, als seine Mutter beim Fußball feststellte, dass ihrem Sohn das Laufen wesentlich mehr Spaß bereitete als der Umgang mit dem Ball. Hinzu kam, dass seine Mutter eine große Affinität zur Leichtathletik hat, denn sie war eine erfolgreiche Geherin. Sein Vater war auch Leichtathlet. Seine Schwerpunkt-Disziplin war der Sprint.
Bastian Sundermann, der bei der LG Brillux Münster dem Stammverein TG Münster angehört, war ebenfalls zunächst als Sprinter erfolgreich. Seine Veranlagung für die 400-Meter-Distanz entdeckte sein Trainer Jan Voigt, der früher selbst einmal auf der Stadionrunde erfolgreich war.
Bastian Sundermann beantwortet die Frage, ob die unbarmherzigste Distanz in der Leichtathletik seine Lieblingsstrecke ist, differenziert: „Ich mag die 400-Meter-Strecke, weil ich dort an meine Grenzen gehen kann und dort am erfolgreichsten bin. Manchmal finde jedoch die 200 Meter attraktiver, denn nur, wenn ich eine gute Zeit über 200 Meter abliefern kann, bin ich auch über 400 Meter recht schnell“.
In diesem Jahr steht für den Schüler des Anne-Frank-Berufskollegs das Abitur mit den Leistungskursen Biologie und Sport an, sodass er in das Ostertrainingslager der LG Brillux Münster in Portugal einige Schulbücher mitnahm. Im Anschluss an diese Trainingsmaßnahme nahm er noch an einem Nationalmannschaftslehrgang im spanischen Chiclana teil.
Nach dem Abitur plant der erfolgreiche Viertelmeiler, der gelegentlich als Service-Kraft in einem Münsteraner Weinlokal jobbt, ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Pflege. Anschließend möchte er ein duales Studium beginnen.
Text & Bild: Peter Middel