Im Rahmen der Deutschen Hallen-Meisterschaften in Dortmund wurden die Leichtathleten des Jahres und die Jugend-Leichtathleten des Jahres 2017 geehrt. Sie waren zu Beginn des Jahres von den Usern der Homepage leichtathletik.de, den Leserinnen und Leser der Fachzeitung „Leichtathletik“ sowie den FREUNDEN gewählt worden. Johannes Vetter (LG Offenburg – Leichtathlet des Jahres), Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier – Leichtathletin des Jahres), Niklas Kaul (USC Mainz – Jugendleichtathlet des Jahres) und Julia Ritter (TV Wattenscheid 01 – Jugend-Leichtathletin des Jahres) setzten sich gegen starke Konkurrenz durch und wurden mit von den FREUNDEN gestifteten Ehrenpreisen ausgezeichnet.
FREUNDE-Vorstandsmitglied Danny Schott sprach mit Niklas Kaul, der in den vergangenen Jahren im Jugendbereich den Zehnkampf dominiert hat wie kein anderer und alles erreichte, was es zu erreichen gab: U18-Weltmeister mit Weltrekord (2015), U20-Weltmeister (2016), Europameister mit U20-Weltrekord (2017) und zum dritten Mal in Folge Jugend-Leichtathlet des Jahres. „Ich habe mich riesig gefreut. Die Auszeichnung bedeutet mir sehr viel. Dass ich die Wahl nun dreimal hintereinander gewinnen würde, damit hätte ich vor ein paar Jahren nicht gerechnet“, freute sich Niklas Kaul.
„Natürlich bin ich super zufrieden mit dem letzten Jahr. Perfekt war es mit der Verletzung am Ellenbogen aber nicht“, fiel das Resümee von Niklas Kaul aus. Schon zu Beginn der Saison hatte sich Niklas Kaul bei den Halleschen Werfertagen eine Verletzung zugezogen. Ein Muskelfaserriss am Sehnenansatz im Unterarm schränkte ihn auch noch im Juni bei der Qualifikation für die U20-Europameisterschaften in Bernhausen/Filderstadt ein: „Bis dahin konnte ich nicht wirklich werfen.“ Vor der Saison hatte sich Niklas Kaul das Ziel auf die U20-Europameisterschaft gesetzt. Zusätzlich habe er aber auch schon ein wenig mit dem U20-Weltrekord geliebäugelt. Der Glaube an dieses Ziel sollte zwei Wochen lang nach der EM-Qualifikation allerdings in die Ferne rücken. Der EM-Titel war nicht mehr in Sicht. „Das war besonders vom Kopf her schwierig für mich und ein echter Tiefpunkt. Ich wusste nicht genau, wie lang und wie stark mich die Verletzung bis Grosseto einschränken würde“, blickt Kaul zurück. Bis zum Saisonhöhepunkt Ende Juli legte der Athlet, dessen Stärken besonders im Speerwurf liegen, die Wurfgeräte bei Seite.
Noch vor Grosseto folgte dann auch eine private Veränderung für Niklas Kaul. Direkt nach dem Abitur startete er mit dem Studium an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zunächst für wenige Wochenstunden im Fach Physik. Nun kam Sport als zweiter Schwerpunkt hinzu. „Ich brauchte irgendetwas neben dem Sport, um einen geregelten Tagesablauf zu bewahren und mich optimal auf den Saisonhöhepunkt vorzubereiten“, erklärte er den eher ungewöhnlichen Zeitpunkt für den Studieneinstieg. Im Trainingsumfeld habe sich dadurch nichts geändert. Weiterhin wird der Zehnkämpfer von Mutter Stefanie und Vater Michael betreut.
Bei den U20-Europameisterschaften in Grosseto legte Niklas Kaul dann einen ersten Zehnkampftag nach Maß hin: persönliche Bestleistung im Weitsprung mit 7,20 Metern und über 400 Meter mit 48,42 Sekunden. An Tag zwei lag Kaul dann bis zum Speerwurf auf dem Silberrang hinter dem Esten Johannes Erm. „Ich wusste, dass ich nur eine Chance habe und nur einen Wurf machen kann, der dann sitzen musste“, berichtete Kaul. Es galt die Devise „entweder es klappt oder es klappt nicht“. Am Ende feuerte der Mainzer eine Rakete ab. Bei 68,05 Metern blieb der Speer stecken und Kaul lag somit erstmals auf Gold-Kurs. Vor den 1.500 Metern dann die Ansage: Er zeigte erst acht, dann vier Finger in die Kamera – 8.400 Punkte. Zur eigenen Motivation, wie er selbst sagt. Am Ende schmetterte er 4:15,52 Min. auf die Bahn – 8.435 Punkte – Weltrekord.
Besser geht nicht, oder etwa doch? „Es war ein sehr guter Zehnkampf auf sehr hohem Niveau, aber der Perfekte war das auch noch nicht“, so Kaul. Insbesondere im Sprint und im Wurf, den er aufgrund der Verletzung vernachlässigen musste, sehe der Mainzer noch viel Potenzial. Mittlerweile ist alles wieder ausgeheilt. Kaul trainiert seit November schmerzfrei. Seiner ersten Aktiven-Saison in diesem Jahr blickt der 19-Jährige gespannt entgegen: „Ich habe keine Angst vor dem Erwachsenenalter. Ich freue mich drauf und sehe das als neue Herausforderung.“ Spannend wird es sicherlich beim Kampf um die Tickets für die Heim-EM in Berlin. Beim Mehrkampf-Meeting in Götzis soll es zumindest mit der Norm klappen. „Ich würde lügen, wenn ich keine Lust auf die EM in Berlin hätte.“