Er ist erst 22 Jahre jung und kann schon auf eine bemerkenswerte Karriere im Mehrkampf zurückblicken. Nach seinem ersten Zehnkampf-Sieg in Ratingen 2024 ging es für ihn als Nachrücker zu den Olympischen Spielen nach Paris. In der zurückliegenden Hallensaison gab es für Till Steinforth jeweils Siebenkampf-Bronze bei der EM und WM.
In Deutschland haben der Siebenkampf der Frauen und der Zehnkampf der Männer eine lange Tradition. Immer wieder gelingt es unseren engagierten Trainerinnen und Trainern, junge Talente zu entdecken und entsprechend zu entwickeln. Nicht wenige von ihnen finden dann den Weg in die nationale und internationale Spitze.
Ein herausragendes Beispiel ist die Entwicklung von Till Steinforth vom SV Halle. Bei seinem Debüt 2024 im Mehrkampfmekka Ratingen gelang ihm knapp zwei Wochen nach seinem 22. Geburtstag auf Anhieb der Premierensieg, mit einer neuen persönlichen Bestleitung von 8.287 Punkten. Nach Wettkampfende erklärte der Modellathlet: „Ich hoffe natürlich, dass die Entwicklung so weitergeht. Denn in vier Jahren möchte ich bei den Olympischen Spielen dabei sein, das ist mein Anspruch.“
Die Eltern fahren das Gepäck nach Paris
Doch auf die Teilnahme an seinen ersten Olympischen Spielen sollte er gar nicht bis 2028 warten müssen. Wegen der Corona-Infektion von Manuel Eitel wurde Till Steinforth am 30. Juli 2024 kurzfristig und buchstäblich in letzter Sekunde nachnominiert. Er war einer von 44 Ersatzathleten, die eben bis zu dieser Deadline in das olympische Team nachrücken konnten. Während sich Till Steinforth mit leichtem Gepäck direkt in den Flieger nach Paris begeben hatte, um bei seinen ersten Olympischen Spielen an den Start zu gehen, musste noch ein logistisches Problem gelöst werden.
Denn die umfangreiche Trainings- und Wettkampfausrüstung, die ein Zehnkämpfer gemeinhin so braucht, musste schließlich auch irgendwie nach Paris geschafft werden. Das übernahmen dann kurzerhand Tills Eltern, die das Equipment mit dem Wohnmobil nach Frankreich brachten. Die anschließenden Wettkämpfe im Stade de France verliefen äußerst spannend. Während Leo Neugebauer die Silbermedaille (8.748 Punkte) gewann, sammelte Till Steinforth in seinem zweitbesten Zehnkampf 8.170 Punkte und belegte in der Endabrechnung Rang 15. Ein überzeugendes Ergebnis für den 22-Jährigen und ein Vorbild für die Jugend.
Diszipliniert im Studium, erfolgreich in der Halle
Der Alltag von Till Steinforth, der in Nebraska (USA) Architektur studiert, ist komplett durchgeplant. In der Regel wird täglich trainiert, werden Vorlesungen besucht und Hausaufgaben erledigt. Dann wird gegessen, sich gepflegt und geschlafen. Um in diesem täglichen Alltagskampf entsprechend zu bestehen, bedarf es entsprechender Disziplin und Konsequenz. Alles das meistert der Zehnkämpfer vorbildlich. „Mit der Hilfe und den Mitteln, die man in den USA hat, funktioniert es aber sehr gut“, beschrieb er die Situation in einem Interview mit der FAZ.
Das spiegelte sich nicht zuletzt im Ergebnis der zurückliegenden Hallensaison wider. Bei der Hallen-EM Anfang März in Apeldoorn/NL legte Till Steinforth einen fulminanten Siebenkampf hin. In einem sehr spannenden und am Ende auch sehr engen Wettbewerb sammelte er 6.388 Punkte. Mit diesem Spitzenergebnis sicherte er sich nicht nur die Bronzemedaille, sondern erzielte auch einen neuen deutschen Rekord. Diesen hatte bis dahin kein geringerer als Leo Neugebauer (6.347 Punkte) inne.
WM-Bronze als Krönung
Nur zwei Wochen nach der Hallen-EM in den Niederlanden ging es für Till Steinforth zur Hallen-WM nach Nanjing, in die Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Jiangsu. Und auch hier konnte der gebürtige Magdeburger mit einem souveränen Siebenkampf überzeugen. Lag er nach dem ersten Wettkampftag noch auf Platz vier, konnte er am Finaltag noch einmal zulegen. Am Ende kam er auf 6.275 Zähler und gewann damit in überragender Manier die Bronzemedaille. „Ich bin mega happy, es hätte nicht viel besser laufen können“, so Till Steinforth nach Wettkampfende. „Die letzten zwei Wochen waren fast perfekt.“ Die Leichtathletik-Fans dürfen sehr gespannt sein, wie Tills weitere (Leistungs-)Entwicklung verläuft. Bis hierher aber Respekt und Chapeau vor dem bisher Erreichten.
Text: Klaus Jakobs, Bild: Gladys Chai von der Laage